Eine feine Analyse der Trends auf dem Immobilienmarkt

 “Wenn die Material- und Grundstückskosten immer weiter steigen und die Gemeinden nicht akzeptieren, dass ihre Bevölkerung schneller wächst, weil es immer schwieriger wird, ihre Infrastrukturen weiterzuentwickeln, dann werden wir das Problem der steigenden Wohnungspreise nie lösen”. Alessandro Rizzo, CEO von EuroCaution, und Cédric Doppagne, Chief Commercial Officer, haben eine sehr klare Vorstellung vom Immobilienmarkt. Auf ihrer Ebene versuchen sie, diese Inflation einzudämmen, indem sie stabile und wettbewerbsfähige Kautionssätze aufrechterhalten, aber auch, indem sie mit ihren Kunden ihre fundierte Sicht auf die Trends dieses komplexen Marktes teilen…

Wie hat sich die Materialknappheit auf den Verkaufspreis von Neubauten ausgewirkt?

AR: Wir haben bereits 2020 über die bevorstehenden Versorgungsengpässe für Bauunternehmen berichtet. Heute ist es soweit: Die Materialpreise steigen unverhältnismäßig stark an, sodass die Baukosten in knapp zwei Jahren um 30 bis 40 % gestiegen sind.

Diese Problematik ist auf ein falsches Verständnis des Marktes seitens der Bauträger zurückzuführen. Heute können die größten Bauträger ihre Preise durch Wettbewerb durchsetzen, da es im Interesse der Lieferanten liegt, diese Art von Kunden für die Zeit nach der Verknappung zu binden. Kleine und mittlere Bauunternehmer kaufen das Material zu einem recht hohen Preis, es sei denn, sie können ihre Preise aufgrund ihrer Treue aushandeln. Der Anstieg wird also nicht gleichmäßig auf dem Markt wahrgenommen…

CD: Wir von EuroKaution sind bei der Prüfung unserer Dossiers noch wachsamer und verlangen zusätzliche Garantien für die Gültigkeit von langjährigen Kostenvoranschlägen. Wir tragen außerdem zur Senkung der Verkaufspreise bei, indem wir die Sätze für unsere obligatorischen Garantien wie die Finanzgarantie für die Fertigstellung oder die Infrastrukturgarantie stabil halten. Dies ermöglicht es den Bauträgern in der Tat, zu einem auf dem Markt konkurrenzfähigen Preis zu verkaufen.

Verstärkt dieses Phänomen den Anstieg der Verkaufspreise für Neubauten?

AR: Bis zu einem gewissen Grad ist dies der Fall, aber dieses traditionelle Fördermodell verliert an Schwung, da die Preise ihren Höchststand erreicht zu haben scheinen. Dies ist auf zwei Faktoren zurückzuführen: Erstens haben sich aufgrund der Covid-19-Epidemie viele hochrangige Mitarbeiter mit großem Budget für Telearbeit entschieden, anstatt nach Luxemburg zu ziehen. Außerdem sind Arbeitnehmer nicht mehr bereit, einen so großen Teil ihres Gehalts für eine kleine Wohnung auszugeben…

Darüber hinaus scheint das Angebot nicht mit der Nachfrage von Singles und nicht von Familien, die eine Wohnung in ihrer Größe suchen, übereinzustimmen. Dies ist jedoch nicht das Profil, das von den Gemeinden gesucht wird. Daher sollte das Prinzip der Genehmigungen und Erlaubnisse überarbeitet werden, um den Bauträgern mehr Freiheit bei der Anzahl und Zusammensetzung der Wohnungen zu geben, die auf einer bestimmten bebaubaren Fläche gebaut werden sollen. Wenn die öffentliche Hand nicht nachgibt, werden die Bauträger gezwungen sein, ihre Preise anzupassen, um verkaufen zu können, und zwar auf Kosten ihrer Gewinnspanne. Diese Strategie könnte sehr schnell zu einer Verringerung der Qualität der Bauten führen.

CD: Damit Projekte billiger verkauft werden können, müssen die Grundstückspreise, die 60% des Verkaufspreises ausmachen, gesenkt werden. Um dies zu erreichen, muss der PAG-Perimeter vergrößert werden, damit Grundstücke, die der Bauträger zum gleichen Preis kauft, über mehr bebaubare Quadratmeter verfügen können. Die Gemeinden versuchen jedoch, das Wachstum zu verlangsamen, weil sie befürchten, dass ihre Infrastruktur das Wachstum nicht verkraften kann. Die langsame Verwaltung ist ebenfalls eine Inflationsquelle, da sich die Investition in Grund und Boden proportional zur Anzahl der mit diesen Verfahren “verlorenen” Jahre rentieren muss.

Was halten Sie von den von der Regierung vorgeschlagenen Lösungen zur Senkung der Wohnungspreise?

CD: Über den Pacte Logement trägt der Staat zum Preisanstieg bei, indem er bei Neubauten einen bestimmten Prozentsatz an bezahlbaren Wohnungen vorschreibt. Die Bauträger müssen daher ihre Margen bei Wohnungen für den traditionellen Markt erhöhen, um ihre Kosten zu decken…

AR: Die Ankündigung von Premierminister Xavier Bettel, die Grundsteuer zu reformieren, wird sich meiner Meinung nach nicht wirklich auf die Erhöhung des Verkaufsvolumens auswirken. Die meisten werden es vorziehen, ihre Grundstücke zu behalten, deren Wert ständig steigt, und andere werden nie in der Lage sein, Baugrundstücke zu verkaufen, die in einem PAG liegen, das kein rentables Bauvolumen zulässt. Die bisherigen politischen Entscheidungen beeinflussen unserer Meinung nach zu 35% den aktuellen Verkaufspreis von Wohnimmobilien…

Wie hat sich die Tätigkeit von EuroKaution im Laufe des Jahres 2021 entwickelt?

AR: Dank unserer Unterstützung der Immobilien- und Baubranche während der Covid-19-Krise haben wir 2020 unseren Umsatz im Vergleich zu 2019 verdoppelt. In diesem Jahr werden wir einen Umsatz erreichen, der um 50 % über dem des Vorjahres liegt.

Darüber hinaus haben wir in die Entwicklung von “E-Cautio” investiert, einer intuitiven Lösung, die die gesamte Kundenbeziehung über den persönlichen Bereich digitalisiert. In einer zweiten Phase wird das Tool den Kunden ermöglichen, noch einen Schritt weiter zu gehen und alle ihre Anträge online zu stellen. Dank unserer noch schnelleren Abwicklung bei der Ausstellung von Garantien haben wir die Gewissheit, dass wir eine noch größere Anzahl von Kunden und Anträgen bearbeiten können. Um unsere Preise und die Qualität unserer Leistungen aufrechtzuerhalten, müssen wir alle unsere Dienstleistungen intensiv digitalisieren.

CD: Schließlich haben wir uns anlässlich unseres zehnjährigen Bestehens, das wir 2022 feiern werden, eine neue visuelle Identität zugelegt, um die Erneuerung zu symbolisieren, die wir durch die Digitalisierung aller unserer Produkte und Dienstleistungen eingeleitet haben.

EuroCaution in Zahlen:

• 50 Mitarbeiter
• 6,2 Milliarden Euro aktuelles Risiko in Bezug auf den Wert der Baukosten
• 953 Begünstigte von Garantien

Interview von Martina Capuccio – LG Magazine November 2021